Form und Inhalt
Der Teilbestand DE ITS 1.2.1.1 Deportationen enthält den Großteil der Dokumente, welche die Vorgängerorganisationen der Arolsen Archives mit Blick auf die Deportationen von Juden und Jüdinnen aus dem Deutschen Reich, Österreich sowie Böhmen und Mähren (NS-Terminologie) zusammengetragen haben. Vereinzelt finden sich auch Quellen betreffend die Deportation von als „Zigeunern“ Verfolgten (u.a. Sinti und Sintize sowie Roma und Romnja).
Ein Großteil der enthaltenen Listen wurde von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und Staatspolizeileitstellen (kurz: Stapoleitstellen) für die Vorbereitung und Durchführung der Deportationen (im Großteil) nach der Wannsee-Konferenz ab dem Jahr 1942, erstellt.
Dokumentiert sind (hier aufgeführt in der Reihenfolge der Teilbestände) Deportationen aus den 23 Gestapobereichen Berlin, München, Nürnberg, Würzburg, Köln, Kaiserslautern, Koblenz, Trier, Wien, Dresden, Chemnitz, Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Hannover, Breslau, Beuthen, Dortmund, Münster, Frankfurt/Main, Württemberg und Baden, Königsberg, Stettin, Kassel, Leipzig, Darmstadt, Oppeln, Usti nad Labem (Aussig), Magdeburg, Karlovy Varly (Karlsbad) und Danzig.
Die Planung, Organisation und Durchführung der Deportationen war ein komplexer bürokratischer Prozess, an dem zahlreiche Akteure beteiligt waren. Dies zeigt sich in der Diversität der enthaltenen Dokumente. Es finden sich unter anderem:
• Listen und Verzeichnisse mit Angaben zu Personen, die von einer Deportation betroffen waren, erstellt von verschiedenen Jüdischen Institutionen,
• Gestapo Transportlisten bzw. Deportationslisten, wobei es sich in der Regel um Konfiszierungslisten handelt, da die zuständige Vermögensverwertungsstelle auf Grundlage ebendieser Listen, den Einzug jüdischen Vermögens organisierte,
• diesbezügliche Korrespondenz der Stapo(leit)stellen,
• Listen zu Betroffenen, die vor ihrer Deportation Suizid begingen,
• Auszüge aus Listen, adressiert an verschiedene staatliche NS-Behörden,
• Zugangslisten aus dem Ghetto Theresienstadt sowie
• Nachkriegsaufstellungen zu Deportierten und Deportationen.
In seltenen Fällen finden sich Listen, die mit Blick auf die Planung und Durchführung der gezielten Tötung von jüdischen Patient_innen sogenannter Heil- und Pflegeanstalten („T4-Aktionen“/ „Euthanasie“) entstanden sind.
Der Teilbestand VCC.155.XIII zu Deportationen aus dem Bereich Württemberg und Baden enthält eine ausführliche Dokumentation der sogenannten Polenaktion am 28. und 29. Oktober 1938 aus dem Raum Karlsruhe. Zu finden sind Listen und Korrespondenz betreffend die Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung von jüdischen Personen mit (vormals) polnischer Staatsangehörigkeit an die polnisch-deutsche Grenze im Herbst 1938. Überliefert sind darüber hinaus die Debatten verschiedener NS-Organisationen bezüglich des weiteren Verbleibs der Betroffenen, geführt bis in den Sommer 1939. Dokumentiert ist für Karlsruhe auch die sogenannte Aktion Arbeitsscheu Reich im Juli 1938, bei der neben jüdischen Männern vor allem als sogenannte Asoziale Verfolgte festgenommen wurden.
Im Fall von Leipzig und Arnstadt (VCC.155.XVI) finden sich Meldekarten über Juden und Jüdinnen und Sinti und Roma (verfolgt als „Zigeuner“), die in diesen Städten während der NS-Zeit gemeldet waren.
Der Teilbestand 1.2.1.1 enthält Originale, insbesondere mit Blick auf die Deportationen aus Berlin (VCC.155.I), sowie Kopien, Reproduktionen und Auszüge aus verschiedenen Quellen.
Er ist teil-indiziert. Die Originale der sogenannten „Transportlisten“, welche die Berliner Stapoleitstelle für das Oberfinanzpräsidium anfertigte, sind vollindiziert, wobei auch komplexe geografische Daten, wie die Adressen der Wohnungen oder Sammellager, an denen sich die Betroffenen bis kurz vor der Deportation aufhielten, erfasst wurden.